Wir alle lieben funktionierende Dinge – beruflich wie privat.
Das ist ein Grund für die Beharrungskraft des Status-Quo. Eine neue Lösung, wenn sie auch langfristig Vorteile bieten mag, wird zunächst nicht so gut funktionieren wie die Bestehende.
Hinzu kommt, dass gerade Mitarbeiter, die lange mit der bestehenden Lösung gearbeitet haben, sich gerne gegen Neuerungen sträuben. Sie auch diejenige, die mit einem neues System tatsächlich Probleme haben könnten.
Retrofit als Ausweg
Nachrüstung ist keine Lösung gegen das Verharren im Kopf, jedoch kann es manchem den Übergang vereinfachen.
Die folgende unvollständige Liste der Vor- und Nachteile zeigt, dass es Sinn macht Nachrüstungen näher zu betrachten.
Typische Vorteile | Typische Nachteile |
Günstiger als Neuanschaffung | Verbesserungspotenzial wird nicht vollständig ausgeschöpft |
Geringerer Trainingsaufwand / einfacherer Übergang für bestehende Bediener | Zertifizierungen müssen ggf. erneuert werden |
Schneller einsatzfähig | |
Geringer CO2 Footprint |
Betrachten wir Lage in verschiedenen Branchen.
Immobilien
Die Nachrüstung ist in dieser Branche völlig normal. Arbeiten wie Wärmedämmung, Tausch von Fenstern oder der Einbau einer modernen Heizungsanlage beschäftigen viele Firmen.
27% des deutschen Bauvolumens machen energetische Sanierungen aus.
[1] + eigene Berechnung
Maschinenbau
Im Maschinenbau liegen mir keine Umsatzzahlen zu reinen Nachrüstungen vor. Dennoch ist klar, dass auch hier Retrofit ins Auge gefasst wird. Wenn auch vielleicht nicht so häufig, wie es möglich wäre.
Technische Neuerungen wie das industrielle Internet der Dinge (IIOT) wird gerne an Anlass für eine Nachrüstung genommen.
88% aller deutschen Unternehmen beschäftigen sich mit dem Einstieg in IIOT
[2]
Automotive
Funktionale Nachrüstungen beschränken sich auf weitestgehend auf die Nachrüstung eines Gasantriebes oder von Infotainmentsystemen.
Gleichzeitig werden Fahrzeuge, zumindest in Deutschland, häufig nicht bis ans Ende ihrer Lebensdauer gefahren, wie die Zahl der exportierten Gebrauchtwagen eindrucksvoll zeigt.
700.000 Gebrauchtfahrzeuge werden jährlich aus Deutschland exportiert.
[3]
Fairerweise muss man sagen, dass Nachrüstungen vergleichsweise schwierige sind. Nachrüstbarkeit ist keine Anforderung während der Fahrzeugentwicklung und steht gerne im Zielkonflikt mit Bauteiloptimierung.
Zudem erlischt bei tiefgehenden Eingriffen, etwa in die Antriebstechnik, die Typengenehmigung und eine Wiederholung ist teuer.
Es bleibt noch viel Potenzial ungenutzt. Neu ist nicht immer besser.
Quellen
[1] Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR): Strukturdaten zur Produktion und Beschäftigung im Baugewerbe in BBSR-Online-Publikation Nr. 17/2019, 2019
https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/veroeffentlichungen/bbsr-online/2019/bbsr-online-17-2019.html?nn=396894
[2] BigData Insider: Retrofit schenkt Maschinen ein zweites Leben, 2020
https://www.bigdata-insider.de/retrofit-schenkt-maschinen-ein-zweites-leben-a-895532/
[3] Welt.de: Diese Start-ups mischen den Gebrauchtwagenmarkt auf, 2018
https://www.welt.de/wirtschaft/webwelt/article175345223/Marktueberblick-Diese-Start-ups-mischen-den-Gebrauchtwagenmarkt-auf.html