Warum Excel die fehleranfälligste Software ist

Tabellenkalkulationsprogramme werden in den meisten Unternehmen eingesetzt und das über Abteilungsgrenzen hinweg. Die Vielseitigkeit von Anwendungen ist enorm.

Die Frage nach der Richtigkeit der Resultate wird häufig nicht gestellt.

Dabei können falsch ausgewertete Messdaten oder Fehlinformation zu den Unternehmenskennzahlen schwerwiegende Auswirkungen haben.

Die Frage wird noch brisanter, wenn man bedenkt, dass im Gegensatz zu Software, die als Produkt erstellt wird, Excel-Tabellen nicht in der Regel nicht getestet werden. Tatsächlich wird eine Tabelle inklusive Zellenverknüpfungen häufig von einer einzelnen Person erstellt.

Eine Metastudie der Universität von Hawaii hat die Häufigkeit von Fehlern in Tabellen von großen Konzernen untersucht. Es konnte gezeigt werden, dass 3,9% aller Formeln fehlerhaft sind.

Das mag nach wenig klingen, bedenkt man jedoch wie viele Zellen für viele Anwendungen gefüllt werden, so wird die Tragweite sichtbar.

Der folgende Abbildung zeigt die Wahrscheinlichkeit mindestens einen Fehler in einem Dokument zu haben über der Anzahl der vom Benutzer eingegeben Zellen mit Formeln.

Wahrscheinlichkeit eines Fehlers über der Zellenanzahl einer Tabelle*

Bei einer Zelle liegt die Wahrscheinlichkeit für einen Fehler bei den in der Studie dargelegten 3,9%. Mit der Eingabe weiterer Zellen steigt sie schnell an.

Bereits bei neun eingegeben Zellen liegt die Wahrscheinlichkeit für einen Fehler bei 30%

Damit wird deutlich, dass eine Vielzahl der täglich eingesetzten Tabellen Fehler enthalten. Mit unklaren Konsequenzen. Bestenfalls sind keine kritischen Ergebnisse betroffen oder mehrere Ungenauigkeiten heben sich gegenseitig auf. Wahrschlich werden jedoch auch Fehlentscheidungen auf Basis falscher Tabellen getroffen.

Die Motivation an diesem Zustand etwas zu verbessern sollte also vorhanden sein. Jedoch die Umsetzung nicht so einfach, da ein Debugging in Tabellenkalkulationsprogrammen gar nicht vorgesehen ist. Haltepunkte zur Überprüfung von Zwischenergebnissen können nicht gesetzt werden. Vielmehr wird die Berechnung bei jeder Neueingabe vollständig ausgeführt. Auch Testfälle können nicht ohne weiteres implementiert werden, Testumgebungen sind mir nicht bekannt.

Es gibt Maßnahmen mit denen sich die Fehleranfälligkeit reduzieren lässt

  • Rechnungen in Teilschritte aufteilen und Teilergebnisse auswerten
    Dabei wird die Aufgabe vom Ersteller selber in Teilaufgaben mit entsprechenden Teilergebnisse aufgeteilt. Diese dienen als Ersatz von Haltepunkte im Programmablauf. Die Teilergebnisse werden bei der Eingabe von (synthetischen) bekannten Daten auf Korrektheit geprüft.

  • Review der Tabelle durch eine zweite Person
    Der Ersteller ist er nicht die geeignetste Person zur Überprüfung seiner eigenen Arbeit. Daher sollte eine zweite Person die Überprüfung durchführen.
    Benötigt werden eine klare Aufgabenstellung und die kommentierte Umsetzung. Beides wird in der Praxis häufig nicht vorhanden sein, daher muss auch diese Lösung vorbereitet werden.
  • Überprüfung mit einem zweiten Tool
    Programmiert man eine Lösung zwei Mal, so ist die Wahrscheinlichkeit Fehler mit identischen Auswirkungen zu produzieren gering. Diese Methode wird so bei der Erstellung von sicherheitsrelevanten Anwendungen eingesetzt. Sie ist aufwendig, aber sicher.
  • Tabellen formell in das Softwaretesting einbeziehen
    Wird im Unternehmen Software als Produkt hergestellt, so können die vernachlässigten Tabellen formell in den Prozess mit einbezogen werden. Zusammen mit der entsprechenden Fachabteilung kann ein auf das Unternehmen und das Risiko angepasstes Konzept erzeugt werden.

[Update] Die European Spreadsheet Risks Interest Group bietet weitere Informationen zum Verbesserung von Excel-Tabelle.

Zum Beispiel werden in diesem etwas älteren Paper Best Practices beschrieben. Die Tatsache, dass das Paper aus 2005 stammt und die meisten Punkte noch aktuelle sind, lässt leider nichts Gutes für die Zukunft hoffen.

Weitere Ideen? Kommentar!

*:Berechnet als Ziehen mit Zurücklegen; die Ironie diese Darstellung in einem Tabellenkalkulationsprogramm angefertigt zu haben ist mir bekannt

Schreibe einen Kommentar